Um zu bestimmen, ob es sich um einen einfachen Konflikt oder um etwas Gravierenderes handelt, können Sie sich folgende Fragen stellen:
Hat in dem, was ich beobachte, eine der Personen die Macht über eine andere oder die anderen? Welche Auswirkungen hat das, was ich sehe? Welche Reaktionen zeigen die involvierten Personen und wie äussert sich das? Ist das das erste Mal oder habe ich so etwas schon oft beobachtet? Hat die Familie Kontakte mit der Aussenwelt? Oder scheint sie abgeschottet und für sich isoliert zu sein? Nimmt ein Familienmitglied Drogen oder trinkt es übermässig viel Alkohol?
Sie können auch verschiedene Zeichen erkennen, die über die Spuren körperlicher Gewalt hinausgehen. Diese können Sie misstrauisch machen – vor allem, wenn sie wiederholt auftreten. Wenn ein Familienmitglied die anderen regelmässig dominiert und kontrolliert und die anderen sich nicht trauen, sich zu äussern oder es nicht können, dann kann es sich um Gewalt handeln. Aber auch (vor allem in einer Partnerschaft), wenn Meinungsverschiedenheiten immer zugunsten der gleichen Person ausgehen. Oder wenn eine der beiden Personen in einer Beziehung:
alle administrativen und/oder finanziellen Belange selbst regelt; der anderen nicht erlaubt, etwas zu tun;
- über Fragen in Bezug auf die Beziehung oder die Familie allein entscheidet (Beziehungen zur Familie oder zum Freundeskreis, Kindererziehung, Wahl des Ferienortes usw.) ; ihre Meinung nicht vertreten und sich bei Meinungsverschiedenheiten über die gefällten Entscheide nicht äussern kann ;
- alle Haushaltspflichten, Einkäufe usw., selbst erledigt ; ständig an der anderen herumnörgelt und immer fordernder wird.
Oder wenn ein Familienmitglied:
- beunruhigt und verängstigt wirkt, das Selbstvertrauen verloren hat ;
- sich der anderen Person gegenüber respektlos verhält, sie in der Öffentlichkeit beleidigt und erniedrigt, aggressiv mit ihr umgeht ;
- isoliert und abgeschottet ist, kaum Kontakt zu ihrem Freundeskreis hat ;
- eine Waffe besitzt.
In Situationen innerfamiliärer Gewalt verharmlosen die betroffenen Personen häufig ihre Probleme und/oder weigern sich, darüber zu sprechen.
Wenn Sie das Gefühl haben, dass jemand aus Ihrem näheren Umfeld von Gewalt betroffen ist – sei es als Täter/in oder als Opfer –, bieten Sie dieser Person Ihre Unterstützung an und ermutigen Sie sie dazu, eine entsprechende Fachstelle für Opfer oder gewaltausübende Personen zu kontaktieren. Wenn die beiden Partner jeweils für sich selbst Hilfe und Unterstützung suchen können, trägt das zum Verhindern weiterer Gewaltsituationen bei. Damit werden auch die Kinder des Paares geschützt. Diese sollten auch bei Vertrauenspersonen Unterstützung finden können – sei das im Kreise ihrer Verwandten oder in der Schule. Wenn nötig sollten die Kinder an eine Fachstelle weitergeleitet werden (beispielsweise an das AKS oder an das ZET. Weitere Informationen zu den Massnahmen zur Unterstützung von Kindern, die zu Hause Gewalt miterleben, finden Sie im Dokument nebenan.
Rufen Sie bei drohender Gefahr die Polizei. Sie wird die Betroffenen schützen und die Situation unter Kontrolle bringen. Die Betroffenen werden über Ihren Anruf nicht informiert werden, wenn Sie das nicht wünschen.
Wenn Sie schon seit geraumer Zeit Gewalt vermuten, die Betroffenen aber nicht dabei begleiten können, Hilfe aufzusuchen, zögern Sie nicht die Polizei zu kontaktieren. Sie wird vielleicht schon andere Informationen zu diesem Paar oder zu dieser Familie erhalten haben. Ihre Aussage wird der Polizei ermöglichen, einen besseren Einblick in die Situation zu erhalten.
Wenn Sie sich nicht sicher sind, was Sie tun sollten, wenden Sie sich an entsprechende Fachleute, die Ihnen Auskunft erteilen können.